Jürgen rief zu einer Blogparade zum Thema „Lieblingstasse“ auf.
Das ist der Anlass, meiner longtime-allzeit Lieblingstasse zu huldigen, nachdem ihre Nebenbuhlerinnen durch meinen Mann oder durch meine eigene Ungeschicklichkeit in Scherben gelegt wurden.
Lieblingstasse
„Na, wie wäre es mit einem Kaffee? Mit Vanille? Mit Tahiti-Vanille?“
Der Papagei schaute mich aufmunternd an.
„Du hast recht. Ein Kaffee wäre jetzt gut. Vanille ist allerdings nicht mehr viel da. Und es dauert noch lange, bis Jacky wieder welche aus Tahiti mitbringen wird.“
„Sei nicht so geizig zu dir!“, krächzte der Papagei.
Ich entgegne ihm nichts. Als ich mir vor mehr als 25 Jahren die Tasse kaufte, wollte ich mir etwas Gutes tun: Ein edles Einzelstück aus Bone China von Villroy&Boch mit einem Design, das einen Hauch von Exotik, von etwas besonderem hat.
„Wie wäre es stattdessen mit Kardamom im Kaffee?“
„Dann kannst du gleich Orangenlikör nehmen. Ich mag es nicht so parfümiert. Schließlich bin ich kein Tässchen aus Ägypten.“
„Du bist heute sehr sensibel!“. Das Gelb auf seiner Brust wurde sehr blass.
„Heißes Ingwerwasser wäre noch schlimmer!“
Der Papagei sträubte sein Gefieder.
„Oh, im Kühlschrank ist noch Ingwer.“
Ich erinnerte mich an meinen Vorsatz, jeden Tag heißes Ingwerwasser zu trinken. Es sollte den Fettabbau ankurbeln, die Abwehrkräfte stärken und den Körper reinigen. Das Ingwerwasser sollte mich zu einem besseren Menschen machen: licht, leicht, beweglich, scharfsinnig…
„Lass´ den Kühlschrank zu!“, knarzte der Papagei. Sein Schnabel schien sich in meine Richtung zu heben.
„Dir wäre wohl heißer Blutorangensaft mit selbstgemachtem Punschextrakt lieber?“
„Schau´ auf die Uhr! Es ist 9:48 Uhr!
Er wippte auf seiner Liane hin und her.
Ja, du hast Recht, dachte ich. Das wäre der falsche Orangensaft zum Frühstück. Außerdem ist der Punschextrakt leer. Es ist schließlich schon März.
„Heiße Schokolade aus dunkler Kuvertüre mit Milch und Vanilleschote gekocht. Wie wäre das?“, versuche ich den Papagei zu beruhigen.
„Ich traue dir nicht! Auf der Anrichte steht noch die Flasche Chartreuse.“, schnarrte der bunte Vogel.
„Du bis heute sehr negativ eingestellt. Rechnest nur mit dem Schlimmsten. Schau´ die schöne grüne Farbe des Likörs an! Sie hat so was von Urwald.“
Ich hatte den Eindruck, als würde sich der Papagei von mir abwenden. Nach einem Urlaub in Savoyen hatten wir an Winterabenden oft „Choco Truffes to drink“ – dicke, heiße Schokolade mit Chartreuse. Sie bringt einem – so wie es Ziel der Mönche bei der Schaffung des Likörs war – dem ewigen Leben ein Stück näher.
„Weißt du, an was ich gerne zurückdenke?“, wandte sich der Papagei versöhnlich zu mir, „Wie unsere gemeinsame Zeit begann.“
„So schön war das damals nicht für mich.“, stellte ich fest: Trennung, Ärger mit der Familie, frisch umgezogen in eine neue Stadt.
„Ich erinnere mich an die wunderbaren Grüntees, die du dir damals gegönnt hast. Du bist extra in die nächste Stadt gefahren, um die Tees zu kaufen, über die du im „Feinschmecker“ gelesen hattest. Ich sage nur: Hua Hin Silver Needle!“
An diesen Tee erinnere ich mich auch. Ich musste ihn dem Teehändler fast abschwatzen und konnte mir trotzdem nur ein paar „Needles“ leisten so unglaublich teuer war er.
„Tempi passati!“, dabei plustere sich der Papagei auf.
„Also, gut. Es gibt Kaffee mit Vanille!“ lenkte ich ein.
Der Papagei glättete seine Federn wieder.
Hatte er wirklich mit mir gesprochen?


